Mit einer landesweiten Studie im Saarland bestätigten
Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Krebsregister
Saarland, dass es während und auch nach einer Vorsorge-Darmspiegelung nur sehr
selten zu Komplikationen kommt (0,38 Prozent aller Fälle). Zwischenfälle traten
ausschließlich dann auf, wenn im Zuge der Untersuchung Krebsvorstufen entfernt
wurden.
Fachleute gehen heute davon aus, dass durch die
Vorsorge-Darmspiegelung, in deren Verlauf eventuell vorhandene Krebsvorstufen
sogleich entfernt werden, die Mehrzahl der Fälle von Darmkrebs verhindert
werden kann. Dafür sprechen alle bisherigen umfangreichen Beobachtungsstudien.
In seltenen Fällen jedoch kann es bei einer
Darmspiegelung zu Darmblutungen oder gar zur Perforation der Darmwand kommen.
Dem Erfolg in der Krebsprävention steht daher die Befürchtung gegenüber, dass
ein breiter Einsatz der Vorsorgeuntersuchung zu einer inakzeptabel hohen Rate
an Komplikationen führen könnte.
Hermann Brenner und seine Kollegen im Deutschen Krebsforschungszentrum
(DKFZ) und im Krebsregister Saarland wollten mit einer großangelegten Studie
klären, wie viele Komplikationen tatsächlich bei einem Routineeinsatz der
Darmspiegelung auftreten. Dazu erfassten die Wissenschaftler alle medizinischen
Zwischenfälle, die bei mehr als 5000 landesweit im Saarland im Zeitraum von
2010 bis 2013 durchgeführten Vorsorge-Darmspiegelungen aufgetreten waren.
Um ganz sicherzugehen, dass sie keine Komplikationen
übersehen, fragten die Forscher sowohl bei den Ärzten als auch bei den
Untersuchungsteilnehmern nach medizinischen Zwischenfällen während und
innerhalb von vier Wochen nach der Koloskopie. Die Ergebnisse wurden
anschließend mit den klinischen Unterlagen abgeglichen.
Bei den 5252 Untersuchungsteilnehmern waren insgesamt nur
20 (0,38 Prozent) medizinisch bestätigte Komplikationen aufgetreten. Dabei
handelte es sich meist um Blutungen, nur in zwei Fällen um eine Perforation.
Alle Zwischenfälle konnten erfolgreich behandelt werden.
"Bisherigen Untersuchungen zur Komplikationsrate
wurde oft vorgeworfen, dass sie die Häufigkeit der Vorfälle unterschätzen. Zum
einen, weil nur die im bundesweiten Register routinemäßig erfassten
Komplikationen berücksichtigt wurden, zum anderen, weil sie nur diejenigen
Komplikationen eingeschlossen hatten, die direkt während der Untersuchung
aufgetreten sind. Beides haben wir nun in unserer aktuellen Erhebung
berücksichtigt", sagt Studienleiter Hermann Brenner.
Die Studie bestätigt außerdem, was sich in früheren
Untersuchungen bereits angedeutet hatte: Die seltenen Zwischenfälle traten bei
Darmspiegelungen auf, bei denen fortgeschrittene Krebsvorstufen oder gar
bösartige Tumoren entfernt wurden. Die Komplikationen sind also nicht Folge der
Untersuchung, sondern der Gewebeentnahme. "Sie betreffen damit genau
diejenigen Untersuchungsteilnehmer, und auch diese nur in ganz seltenen Fällen,
die am meisten von der Vorsorge profitieren. Genau diesen Menschen hat die
Entscheidung für eine Darmspiegelung möglicherweise das Leben gerettet",
bewertet Brenner das Ergebnis.
Nadine Zwink, Bernd Holleczek, Christa Stegmaier, Michael
Hoffmeister, Hermann Brenner: Complications during and within four weeks after
screening colonoscopy in the German screening colonoscopy program: A
prospective follow-up study. Deutsches Ärzteblatt 2017,
DOI: 10.3238/arztebl.2017.0321
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist
ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das
DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu
10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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