Das Bundeskabinett hat gestern den
Entwurf für ein Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz verabschiedet. Kurz
vor Ende der Legislaturperiode soll damit die umfangreichste Einschränkung des
Urheberrechts im Bereich Bildung und Wissenschaft umgesetzt werden.
„Das Gesetzesvorhaben der
Bundesregierung ist unverantwortlich und verfassungsmäßig bedenklich“, sagt
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen
Buchhandels. „Im Eiltempo will der Gesetzgeber ein Gesetz durchpeitschen, obwohl
dem Bundestag gerade einmal vier Sitzungswochen bleiben, um das Gesetz zu
beraten, bei dem in zentralen Punkten Uneinigkeit zwischen den betroffenen
Gruppen und den politisch Verantwortlichen herrscht und ein sehr hoher
Beratungsbedarf besteht.“
Der Börsenverein sieht in dem
Gesetzesentwurf eine große Gefahr für Bildung und Wissenschaft in Deutschland.
„Die geplanten Regelungen sind kurzsichtig und bieten keine nachhaltigen
Lösungen für ein modernes, zukunftsfähiges Urheberrecht. Sie gefährden die Qualität
von Bildung und damit die Basis unserer Wissensgesellschaft, weil die Tiefe des
Eingriffs in das Urheberrecht ausschließlich zu Lasten von Autoren und Verlagen
einer Enteignung gleichkommt. Qualitativ hochwertige und vielfältige Schul- und
Lehrbücher sowie wissenschaftliche Publikationen kann es nur geben, wenn
Autoren und Verlage angemessen für ihre Leistung entlohnt werden.“
Für verfassungsrechtlich
problematisch hält der Börsenverein die Regelungen zur Vergütung der
Rechteinhaber. Nach geltender Rechtslage werden Verlage nicht vergütet, wenn
ihre Werke unter den jetzt vorgesehenen Regelungen an Schulen und Hochschulen
digitalisiert, verbreitet und ausgedruckt werden dürfen. „Der Gesetzentwurf
sieht zwar eine völlig unzulängliche Entschädigung für Autoren und Verlage über
Verwertungsgesellschaften vor. In Bezug auf die Verlage kann dieses Versprechen
jedoch derzeit gar nicht eingelöst werden, weil aufgrund des Urteils des
Europäischen Gerichtshofs zur Beteiligung von Verlagen an den Ausschüttungen von
Verwertungsgesellschaften die dafür notwendige Rechtsgrundlage auf europäischer
Ebene fehlt. Die erforderliche Neuregelung ist frühestens im nächsten, eher im
übernächsten Jahr zu erwarten – vorausgesetzt, der politische Wille ist da.“
6.000 Autoren und Verlage fordern
Reformen mit Weitblick
Individuelle, marktgerechte
Lizenzangebote der Verlage bei der Beschaffung von Fach- und
Wissenschaftsliteratur durch Bildungseinrichtungen und Hochschulen sollen nach
dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr vorrangig zu berücksichtigen sein. Zudem
soll die Vergütung der Urheber künftig ausschließlich pauschal und nicht
werkbezogen erfolgen. Dadurch erhielten auch wissenschaftliche Urheber ebenso
wie Verlage künftig keine angemessene Vergütung mehr für ihre Leistungen.
Die Vorbehalte gegenüber dem
Gesetzesvorhaben sind in weiten Teilen des Bildungs- und Wissenschaftssektors
hoch. Das belegt der Appell „Publikationsfreiheit für eine starke
Bildungsrepublik“, den rund 6.000 Autoren, Verlage, Filmemacher und andere Verantwortliche
aus dem Bildungs- und Medienbereich unter www.publikationsfreiheit.de
unterzeichnet haben.
Frankfurt am Main, 13. April 2017
Kontakt für die Medien:
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Thomas Koch, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon +49 (0) 69 1306-293, E-Mail: t.koch@boev.de
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